Zum sechsten Mal bei einer EM dabei: Portugals Cristiano Ronaldo. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Luis Vieira/AP)

Cristiano Ronaldo strafte alle Zweifler ab. Er zauberte, traf wie im Traum, kämpfte und demonstrierte auf seine Weise, dass mit Portugal und vor allem ihm selbst bei der Titelvergabe zu rechnen ist. «Für die Nationalmannschaft zu spielen ist eine Leidenschaft, es ist eine Liebe», sagte er. 

Sein 207. Länderspiel mit den Toren 129 und 130 war Liebeserklärung und Kampfansage zugleich. Mit 3:0 fertigten starke Portugiesen im letzten Test vor der EM Irland am Dienstagabend ab. Das blieb auch beim Auftaktgegner Tschechien nicht unbemerkt. «Ronaldo schoss die Iren nieder», schrieb «Sport» recht martialisch. Am kommenden Dienstag treffen die beiden Teams in Leipzig aufeinander. Weitere Gegner in der Gruppe F sind Georgien und die Türkei. 

Spielfreude trifft Entschlossenheit

Und Ronaldo ist bereit. Beim Test gegen Finnland (4:2) war er noch nicht dabei, bei der Niederlage gegen Kroatien (1:2) saß CR7 noch auf der Bank. Gegen Irland führte der Kapitän die Seleção auf den Platz in Aveiro. In der ersten Halbzeit traf er bei einem seiner typischen Freistöße den Pfosten, nach dem Seitenwechsel drehte der Superstar in einer Mannschaft vielen weiteren absoluten Top-Spielern aus den besten Ligen Europas auf. Zwei Tore, das erste spektakulär in den Winkel in der 50. Minute, das zweite zehn Minuten später. Zudem streifte ein weiterer Schuss das Außennetz. 

Spielfreude gepaart mit absoluter Entschlossenheit – Ronaldo machte deutlich, dass eine Elf ohne ihn erstmal nicht denkbar ist, auch wenn Zweifler nach seinem Wechsel in die saudi-arabische Liga sein Leistungsniveau infrage gestellt hatten. Ungeachtet der 44 Tore in 45 Spielen für seinen Club Al-Nassr. «EM-Superstar oder prominenter Bankdrücker?», hatte Österreichs «Kurier» schon gefragt. Die Antwort gab Ronaldo auf dem Platz.

«Ronaldo passt in Plan A, B, C, D – und in das ganze Alphabet», schrieb Portugals Sportzeitung «A Bola» am Mittwoch. Denn Ronaldo, so der Eindruck nach dem Irland-Spiel, passt sich erst recht an. Experten sprachen bereits von seiner besten Leistung, seit Roberto Martínez im Januar 2023 die Mannschaft als Trainer übernommen hat. «Es sah so aus, dass er (Ronaldo) bei seiner letzten EM noch viel zu sagen hat», schrieb auch Spaniens Sportblatt «Marca». 

Tränen gehören dazu

Hinten – in der ersten Halbzeit mit dem 41 Jahre alten Pepe – kompakt und diszipliniert, teilweise mit schnellen kurzen Pässen im Spielaufbau und in der Offensive, aber auch mal Seitenwechsel mit langen Diagonalpässen – Portugal präsentierte sich variabel und druckvoll. Kein Wunder, in der Qualifikation zur EM hatte der Europameister von 2016 alle zehn Spiele gewonnen und bei 36 erzielten Toren nur zwei Gegentreffer kassiert. 

Die Frage, wie gut wird Ronaldo sein, schwebte über den Portugiesen. Mit seinem Weggang aus Europa geriet der Ausnahmesportler auch aus dem Blickfeld. Das Niveau der Liga in Saudi-Arabien ist trotz einiger hochkarätiger Namen und finanziellen Unsummen wohl kaum vergleichbar mit der Premier League, der Primera Divisíon oder der Serie A, die Ronaldo während seiner Zeiten bei Manchester United, Real Madrid und Juventus Turin mitgeprägt hatte.

An Ehrgeiz und Willen hat Ronaldo aber offensichtlich nichts eingebüßt. Das hatten auch schon die Tränen nach dem verlorenen Pokalfinale in Saudi-Arabien gezeigt. Das zeigten auch die geballte Faust und der fest entschlossene Blick beim Spiel gegen die Iren. 

Der nächste EM-Rekord naht

Fünf Europameisterschaften hat Ronaldo schon gespielt, am 12. Juni 2004 bestritt er sein erstes EM-Match beim Heimturnier. 24 weitere folgten, keiner absolvierte mehr EM-Spiele, keiner traf auch öfter als Ronaldo mit 14 Toren. Seine sechste Teilnahme, wenn er am Dienstag beim Anpfiff auf dem Platz steht, wird auch Rekord sein. Sich anzupassen sei der Schlüssel, betonte Ronaldo in einem Interview auf der UEFA-Homepage. «Es ist kein Zufall, dass ich seit 20 Jahren auf dem höchsten Niveau spiele, diese Leistung zu halten, ist aber sehr schwer.» Auch wenn es gegen die Iren spielend leicht aussah. 

Jens Marx, dpa

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