Übernimmt als Coach die allererste Frauen-Fußballnationalelf Saudi-Arabiens: Monika Staab. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Soeren Stache/dpa)

Als Fußballtrainerin hat Monika Staab einiges von dieser Welt gesehen. In rund 80 Ländern war sie schon im Einsatz, um Frauen das Fußballspielen beizubringen.

Doch die Aufgabe, die die frühere Spielerin an diesem Mittwoch übernimmt, ist selbst für sie etwas Besonderes: Denn Monika Staab übernimmt als Coach die allererste Frauen-Fußballnationalelf Saudi-Arabiens. Des Landes also, in dem Frauen bis vor kurzem nicht einmal ins Stadion durften, weil das nach Ansicht der Herrscher gegen die Regeln des Islam verstieß.

Auf Staab, einst unter anderem Trainerin beim 1. FFC Frankfurt, wartet echte Pionierarbeit, denn die Geschichte des saudischen Frauenfußballs ist denkbar jung. Bis vor einigen Jahren war es Frauen gänzlich verboten, in der Öffentlichkeit zu kicken. Eine Meisterschaft spielen die saudischen Fußballerinnen erst seit November aus. Und die Nationalelf muss die deutsche Trainerin von Null aufbauen. «Saudi-Arabien fängt beim ersten Stockwerk an», sagt Staab (62). «Das ist ein Meilenstein, gerade für die arabische Welt.»

Gesellschaftliche Öffnung

Möglich wird die erste Frauen-Nationalelf in dem Königreich durch eine gesellschaftliche Öffnung, die Kronprinz Mohammed bin Salman vorantreibt. Traditionell sind Frauen in dem streng konservativen islamischen Land gegenüber Männern stark benachteiligt. Noch immer bleiben ihnen viele Rechte vorenthalten. Doch mit einer Reihe von Reformen hat der Thronfolger ihren Status gestärkt. Seit 2018 dürfen Frauen etwa Autofahren. Auslandsreisen sind ihnen mittlerweile ohne Zustimmung eines männlichen Vormunds gestattet. Auch die Kleidervorschriften, darunter das Kopftuch, lockern sich.

Schritt für Schritt erobern die saudischen Frauen nun den Sport für sich. Als Staab das Königreich Ende vergangenen Jahres besuchte, um Trainerinnen auszubilden, arbeitete sich mit «unglaublich aktiven und engagierten Frauen» zusammen, wie sie erzählt. «Das war ein Riesenerlebnis. Ich war überrascht von der Offenheit der Frauen.» Und vom Potenzial der Spielerinnen. Obwohl offiziell im Königreich nicht erlaubt, hätten diese schon länger gespielt. «Ich habe nicht in diesem Ausmaß erwartet, wie weit sie schon sind», schwärmt Staab.

Nach ihrer Ankunft in dieser Woche will sie sich erst einen Gesamteindruck verschaffen, sich Spiele anschauen, Spielerinnen zu Probetrainings einladen und in den nächsten Wochen rund 30 Sportlerinnen für ein erstes Trainingslager auswählen. Für Staab keine neue Erfahrung: Sie hat auch in den Golf-Staaten Bahrain und Katar sowie in Pakistan Frauen-Nationalmannschaften aufgebaut.

Verband steht hinter dem Projekt

Der saudische Verband macht auf sie dabei einen guten Eindruck. Der Aufbau der Frauen-Nationalelf werde «mit großer Ernsthaftigkeit» vorangetrieben, an der Spitze von Funktionärinnen, die etwas zu sagen hätten. Auch der Verband selbst, fest in Händen von Männern, steht ihr zufolge hinter dem Projekt: «Die lassen es nicht einfach nur zu.»

Doch Worte und Enthusiasmus sind das eine, die Realität oft das andere. Staab kommt in ein Land, in dem nicht nur das heiße Wüstenklima eine Herausforderung für jeden Sport darstellt.

Trotz der neuen Rechte für Frauen beäugen noch immer viele saudische Männer deren bislang unbekannte Freiheiten mit Argusaugen. «Es wird Teil der Aufgabe sein, die Gesellschaft zu überzeugen, dass Frauen Fußball spielen dürfen und können», sagt sie. Auch das kennt Staab, schließlich hat sie ähnliche Hürden und Skepsis oft erlebt. «Das war als Trainerin immer auch eine Hauptaufgabe von mir», erzählt sie.

Staab hält sich aus der politische Lage raus

Hinzu kommen die politischen Verhältnisse. Während der Kronprinz Frauen mehr Freiheiten gibt, geht er mit härtester Hand gegen Kritiker vor. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Aktivistinnen eingesperrt, auch Frauenrechtlerinnen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bemängelte erst Anfang des Monats, Saudi-Arabien habe die Verfolgung «von Andersdenkenden auf besorgniserregende Weise intensiviert.»

Staab ist sich über diese Situation im Klaren. Doch sie halte sich aus der politische Lage «komplett raus», sagt sie. «Ich muss erst im Land sein, ehe ich mir ein Urteil bilde. Ich will versuchen, Frauen dort durch meine Erfahrung mit etwas auf den Weg zu geben.»

Schon bei ihrer ersten Reise hat sie einiges gelernt. Etwa, dass sie im kurzärmeligen T-Shirt ohne Probleme auf die Straße gehen kann. Oder, dass die Spielerinnen im Training ohne die traditionelle Kopfbedeckung, den Hidschab, kicken, obwohl die Fifa ihn 2014 erlaubt hat und er bei offiziellen Spielen zum Einsatz kommt. Staabs Vertrag läuft zunächst über ein Jahr. Dann will sie weitersehen. Ein Ziel hat sie sich auch schon vorgenommen: Im nächsten März möchte die Trainerin mit der neuen Elf zu einem ersten Länderspiel antreten.

Von Jan Kuhlmann, dpa

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