Bundestrainer Hansi Flick coacht seine Mannschaft während der Partie gegen England. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Der Tag im sonnigen Herzogenaurach begann für Hansi Flick mit einer anderen Grundstimmung als einst für Joachim Löw. Trotz des ärgerlichen Ausgleichs war das Kräftemessen mit dem alten Fußball-Rivalen England diesmal nicht das Ende, sondern ein Aufbruch.

Dort, wo Löw vor bald einem Jahr gescheitert ein letztes Mal als Bundestrainer auftrat, konnte Flick am Mittwoch sehr zuversichtlich Richtung WM nach vorne schauen – der «Weg», den der 57-Jährige in diesen Tagen im DFB-Teamquartier mantraartig beschreibt, führt aus seiner Sicht in die richtige Richtung.

DFB-Auswahl zufrieden mit der Entwicklung

«Das Spiel war so, wie wir uns das vorgenommen haben», sagte Flick nach dem 1:1 in München. «Die Art und Weise war für die Fans einfach toll. Schade, dass wir uns nicht belohnt haben.» Der vom Dortmunder Neuzugang Nico Schlotterbeck ungeschickt verursachte Foulelfmeter verhinderte die ganz große Aufbruchstimmung mit dem Wissen, wieder gegen einen der Großen des Weltfußballs gewonnen zu haben. Die DFB-Auswahl war aber nah dran.

«Wenn wir das Ergebnis ausklammern, können wir mit dem Schritt, den wir gemacht haben, auf jeden Fall zufrieden sein», sagte der erfahrene Thomas Müller, der beim EM-Aus im Achtelfinale Ende Juni 2021 in Wembley mit einer vergebenen Großchance eine der tragischen Figuren gewesen war. Auch, wenn sich das Ergebnis «irgendwie» doch «nicht ganz ausblenden» ließ. Der ärgerliche Ausgleich durch Starstürmer Harry Kane fiel in der 88. Minute. «Bitter», sagte Müller.

Der Bayern-Profi war einer von nur vier Spielern, die auch beim ernüchternden 1:1 am vergangenen Samstag gegen Italien begonnen hatten. Der 32-Jährige, Abwehrchef Antonio Rüdiger, Anführer Joshua Kimmich und der am Dienstag wieder starke Kapitän Manuel Neuer im Tor – Flick baut an seiner Achse für die Katar-WM Ende des Jahres. An diesem Samstag (20.45 Uhr/RTL) wartet in Budapest gegen Ungarn die nächste, hitzige Bewährungsprobe. Den Donnerstag bekommen die Nationalspieler zur freien Verfügung. Nach Marbella-Trip und zwei Klassikern ist auch Erholung wichtig, weiß Flick.

Flick feilt an seiner Achse für Katar

«Wir haben Qualität, wir haben Spieler, die Potenzial haben, sich zu entwickeln», sagte der Bundestrainer, der zufrieden zur Kenntnis nahm, dass der Konkurrenzkampf antreibt und sich auszahlt. «Wir wollen jeden besser machen, um uns für Katar weiterzuentwickeln.»

Am kommenden Samstag dürfte es erneut Änderungen in der Startelf geben – schon drei Tage später spielt die DFB-Auswahl in Mönchengladbach wieder gegen Europameister Italien. In der Vorbereitung auf beide Partien erlitt der erst am Samstag nachgereiste Marco Reus einen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel, wie der DFB mitteilte. Über die Ausfallzeit machte der Verband keine Angaben.

Jonas Hofmann, der gegen England in der 51. Minute getroffen hatte, durfte sich als Gewinner fühlen. Ilkay Gündogan überzeugte als Mittelfeldlenker, Jamal Musiala bekam wegen seiner mitreißenden Spielweise bei seiner Auswechslung nach etwas mehr als einer Stunde laut hörbaren Applaus der Fans. Auf der linken Außenbahn schaltete David Raum den Turbo an, rechts verteidigte Lukas Klostermann grundsolide.

«Wir haben ein Riesenpotenzial», sagte Gündogan. «Es sollte leider nicht sein. Vielleicht ist das der Schritt, den wir noch gehen müssen, solche Spiele nach Hause zu bringen.» In der Nations League sind Fehler eher verzeihbar, auch für Flick – viel schlechter als in den vergangenen beiden Ausgaben des jungen Wettbewerbs kann sich die DFB-Auswahl ohnehin nicht anstellen. Nach zuletzt drei 1:1 beim Testspiel in den Niederlanden, in Italien und gegen England sollte es dennoch sehr bald wieder ein Sieg sein.

Flick: «Siege wichtig für das Selbstvertrauen»

«Ich kenne es aus der Erfahrung mit der Nationalmannschaft, aber auch mit Bayern München, dass Siege wichtig sind für das Selbstvertrauen, für ein Selbstverständnis auch innerhalb der Mannschaft, dass man Spiele gewinnen kann, dass man die Qualität hat», sagte Flick. «Daran arbeiten wir, das sind die Dinge, die wir uns erarbeiten müssen.»

Im Moment, äußerte der Bundestrainer mit ruhiger Stimme, schaue er «nicht so weit nach vorne bis zur WM». Der Viererblock in der Nations League sei dazu da, «um zu überprüfen, wie weit wir sind». Und Müller betonte, nicht zu negativ, aber auch nicht zu überschwänglich zu werden. «Wir fühlen uns gut und fühlen und spüren das Talent in der Mannschaft», sagte der Bayern-Profi. «Wir sind noch nicht auf unserem Höhepunkt. Dafür müssen Ergebnisse kommen und mehr Torerfolge.»

Von Jan Mies, Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa

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