Ein Foto von Uwe Seeler steht auf einer Staffelei neben dem Kondolenzbuch im Hamburger Rathaus. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marcus Brandt/dpa)

Hamburg trägt Trauer – und die Fußball-Welt nimmt Anteil. Einen Tag nach dem Tod des Idols dreht sich bereits vieles um die Frage: Wie wird man der HSV-Legende mit der globalen Strahlkraft gerecht?

Im Gespräch ist die Umbenennung des Volksparkstadions in Uwe-Seeler-Stadion. Zudem soll es eine zentrale Trauerfeier für den Hamburger Ehrenbürger geben. Vor dem Rathaus der Hansestadt wurden die Flaggen auf halbmast gehisst. Die Deutsche Fußball Liga empfiehlt den Clubs der 2. Bundesliga am Wochenende eine Schweigeminute zu Ehren der Legende.

Am Hamburger Stadion gedachte am Freitag eine Abordnung des HSV dem größten Helden der langen Vereinsgeschichte. Vizepräsident Bernd Wehmeyer, Nachwuchs-Chef Horst Hrubesch, Trainer Tim Walter und Mannschaftskapitän Sebastian Schonlau legten am überdimensionalen rechten Bronze-Fuß des einstigen Torjägers einen Kranz und einen blau-weißen Vereinsschal nieder. «Uwe Seeler ist nicht nur ein Stück HSV, sondern auch ein Stück Hamburger Geschichte», sagte der langjährige HSV-Kapitän Hrubesch.

Doch Seeler gehört nicht nur zur Historie der Hansestadt – weit über die Grenzen hinaus wurde an ihn erinnert. Real Madrid würdigte die «Legende des deutschen Fußballs». Die britische Zeitung «The Guardian» beschrieb Seeler mit großen Worten: «Vor der eleganten und technischen Ära von Franz Beckenbauer hat er die traditionellen Stärken des deutschen Fußballs repräsentiert: Kraft, hohe Moral, Einsatz und ein unzähmbarer Wille zum Sieg.» Für Beckenbauer selbst war «der Uwe» sein «ältester Freund. Und mein bester», sagte der 76-Jährige der «Bild». «Einen so tollen Menschen wie den Uwe gibt’s kein zweites Mal.»

Auch HSV-Coach Walter würdigte Seeler. «Es ist extrem schwer, wir haben gestern den größten HSVer aller Zeiten verloren», sagte der 46-Jährige am Freitag in einer Pressekonferenz, bei der eigentlich das Heimspiel am Sonntag (13.30 Uhr) gegen Rostock Thema sein sollte.

Vor der Partie wird es eine Schweigeminute geben. Die Hamburger spielen mit Trauerflor. Zudem soll es ein Banner geben zu Ehren des langjährigen HSV-Torjägers und Präsidenten Seeler. Er wolle mit seinen Spielern jene Tugenden, die «Uwe verkörpert hat», wieder aufleben lassen, sagte Walter. «Respekt voreinander, immer alles zu geben, Energie reinzulegen, freundlich zu sein und trotzdem Spaß zu haben und Ehrlichkeit zu verkörpern – dafür stehen auch meine Mannschaft und wir als neuer HSV.»

Magath: «Uwe Seeler gehört zu dieser Stadt»

Deshalb hätte auch ein Uwe-Seeler-Stadion in Hamburg zweifellos Charme. Auch wenn der Name Volksparkstadion zwar jede Menge Tradition in sich trägt und sich damit von teilweise sperrigen Produkt- oder Firmennamen-Stadien abhebt, die sonst das Bild im deutschen Spitzenfußball prägen.

«Ich gehe davon aus, dass das Stadion jetzt umbenannt wird. Alles andere wäre völlig daneben», sagte Felix Magath als weiteres Hamburger Fußball-Idol der Deutschen Presse-Agentur. «Uwe Seeler gehört zu dieser Stadt, zu diesem Verein, zum deutschen Fußball. Das ist für mich zwangsläufig, dass das Volksparkstadion jetzt nach ihm benannt wird.»

Das sieht auch Klaus-Michael Kühne so – und auf ihn kommt es dabei letztlich entscheidend an. Der HSV-Investor, der 15,21 Prozent der Anteile an der Fußball-AG hält sowie die Namensrechte am Volksparkstadion erneut in dieser Saison für geschätzte drei Millionen Euro erworben hat, ist aufgeschlossen für eine Umbenennung. «Wenn man das Volksparkstadion in Uwe-Seeler-Stadion umbenennen will, bin ich sofort dabei, auch wenn der bisherige Traditionsname dann nicht mehr fortbestehen würde. Als Hamburger Idol und Denkmal hat Uwe Seeler die Benennung des HSV-Stadions nach seinem Namen vollkommen verdient», sagte Kühne dem «Hamburger Abendblatt» (Freitag).

Kühne: «Unglaublich und unvergesslich»

Der 85 Jahre alte Logistik-Unternehmer hat zumeist etwas am HSV und dessen sportlicher Entwicklung auszusetzen. Vor dem Vereinsidol verbeugt er sich jedoch. «Uwe Seeler war ein ebenso herausragender Fußballspieler wie großartiger Mensch. Ich habe ihm in jüngeren Jahren oft zuschauen können und war bei dem denkwürdigen Fallrückziehertor gegen Westfalia Herne im Meisterschaftsjahr 1960 im Volksparkstadion dabei. Unglaublich und unvergesslich», sagte Kühne.

Der Verkauf der Stadionrechte ist auch immer einen finanzielle Frage. Wie lange wird Kühne dafür Geld geben? Welches Unternehmen, das für sich und seine Produkte auf einem Stadiondach Werbung treiben möchte, würde für einen Millionenbetrag den Namen Uwe-Seeler-Stadion akzeptieren? Würde der seit langem defizitäre HSV im Zweifel ganz auf Einnahmen aus dem Verkauf der Namensrechte im Interesse einer Würdigung seines Idols verzichten? Fragen, die im Moment der Trauer um die Fußballlegende nicht beantwortet werden können.

Seeler: «Es ist das Schönste, normal zu sein»

Seeler war seit 2003 Ehrenbürger Hamburgs. Deshalb ist eine öffentliche Trauerfeier denkbar. Das muss die Hansestadt aber erst klären. Derzeit liefen Gespräche mit der Familie, hieß es dazu aus dem Rathaus. Denn normalerweise passen prunkvolle Zeremonien nicht zum bodenständigen Seeler. Sein Leitspruch «Es ist das Schönste, normal zu sein. Ich bin stinknormal.»

Allerdings wusste der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft auch immer um seine Rolle als Volksheld, als ein Mensch, der in Millionen Herzen einen Platz hatte. Er wollte seinen Fans immer gerecht werden. Egal, ob sie mit ihm bei einem zufälligen Treffen plaudern wollten, um Autogramme baten oder ihm schrieben. Seeler wollte nicht nur einer von ihnen sein, er war es.

Von Franko Koitzsch, Thomas Prüfer und Sebastian Stiekel, dpa

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