Das lädierte Knie von Nationalspieler Leroy Sané. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Die TV-Kameras zoomen auf das rechte Knie, als sich Leroy Sané am Spielfeldrand auf einer Kiste sitzend die Schnürsenkel bindet.

Die Objektive der Fotografen richten sich im Trainingsstadion der Nationalmannschaft ebenfalls auf den Bayern-Profi, den Bundestrainer Hansi Flick so dringend im Alles-oder-nichts-Spiel gegen Spanien gebrauchen könnte. Beim 1:2 gegen Japan fehlte der Bayern-Angreifer, der mit seinem Tempo, seinen Dribblings, womöglich Toren und Vorlagen am Sonntag (20.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) zum deutschen Turnier-Comeback beitragen soll.

«Leroy ist ein Unterschiedsspieler. Er kann ein Spiel alleine drehen», sagte Flick, als er den Ausfall des 26 Jahre alten Bayern-Angreifers gegen Japan verkünden musste. Nun hofft er fürs zweite Gruppenspiel. Am Freitag, als in Al-Shamal der Abend dämmerte, stand Sané auf dem Platz – und war erstmals wieder am Ball. Zumindest teilweise sollte er das für Medien nur zu Beginn einsehbare Trainingsprogramm mit seinen 25 Teamkollegen absolvieren.

Sané bislang noch ohne WM-Spiel

Das Tape an Sanés Knie war nicht zu übersehen. Und der Hinweis, dass er angeschlagen ist. Heilsbringer Sané? Ein Einsatz im so wichtigen Spiel gegen Spanien scheint jedenfalls nicht ausgeschlossen. Der schnelle Offensivspieler, der noch nie ein WM-Spiel bestritten hat, könnte für Flick auch als Joker ein Trumpf in der Hinterhand sein. Beim Japan-Spiel war Sané nur Zuschauer im Chalifa-Stadion. Tags darauf reichte es zu einer individuellen Einheit. «Leroy ist auf dem Platz und trainiert für sich. Das ist positiv», berichtete Flick.

An der Rückkehr Sanés arbeite «das ganze Team», sagte der Bundestrainer. Und damit meinte er hauptsächlich die medizinische Abteilung um Doktor Jochen Hahne. Von ihm muss zunächst einmal das grüne Licht für einen Sané-Einsatz kommen. Der 44 Jahre alte Hahne befindet sich dabei in keiner einfachen Rolle. Er ist auch Mannschaftsarzt beim FC Bayern. Und der Rekordmeister beklagt gerade einen akuten Verlust an Topspielern. Vor der WM verletzte sich Stürmerstar Sadio Mané schwer, in Katar riss bei Abwehrspieler Lucas Hernández im Auftaktspiel von Titelverteidiger Frankreich das Kreuzband im Knie.

Sané mit starker Form beim FC Bayern

Welches Ausmaß die Knieprobleme von Sané haben, ist ein DFB-Geheimnis. Beim letzten WM-Test im Oman hatte er noch 90 Minuten durchgespielt. Sané wurde zum Start vermisst auf dem Platz. «Er war richtig gut in Form», sagte Bayern-Kollege Joshua Kimmich.

Sané war extrem heiß auf sein WM-Debüt. Verständlich bei seiner Turnierhistorie. Bei der EM 2016 reichte es im jungen Alter von 20 Jahren nur für zwölf Joker-Minuten beim Halbfinal-Aus gegen Frankreich (0:2). 2018 strich ihn der damalige Bundestrainer Joachim Löw im Trainingslager aus dem WM-Kader. Bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr kam Sané zwar in allen vier Partien zum Einsatz, war aber kein Faktor im deutschen Spiel.

Bis zu einem Muskelfaserriss im Oberschenkel im Oktober war Sané beim FC Bayern in Topform. Er schoss Tore, er bereitete Tore vor, er schien bereit für ein großes Turnier. Wenn er jetzt nicht ganz schnell fit wird, könnte die WM vorbei sein, ehe er die Bühne betreten hat. 48 Mal hat er bislang für Deutschland gespielt, elf Tore erzielt. Das letzte liegt übrigens schon länger zurück. Es war vor einem Jahr beim 9:0 gegen Liechtenstein. Trotzdem: Sané ist für Hansi Flick und die Nationalelf gerade ein Hoffnungsträger – wenn er fit wird.

Klaus Bergmann und Arne Richter, dpa

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