Kroatiens Fußballer feiern die dritte WM-Medaille seit 1998. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Robert Michael/dpa)

Die Freude war so groß, dass Luka Modric einen Kuss auf die Stirn bekam – und das vom Trainer persönlich. Zum dritten Mal hat Kroatien bei einer Fußball-WM eine Medaille gewonnen.

Das Team des Real-Madrid-Stars Modric siegte in Katar im Spiel um Platz 3 mit 2:1 (2:1) gegen die große Turnier-Überraschung Marokko. Josko Gvardiol von RB Leipzig (7. Minute) und Mislav Orsic (42.) erzielten vor 44.137 Zuschauern im Chalifa International Stadion die Tore für die Kroaten. Achraf Dari (9.) glich in der Zwischenzeit zum 1:1 aus. Das Vier-Millionen-Einwohner-Land Kroatien war bereits 1998 mit der Bronzemedaille nach Hause gekommen und hatte 2018 sogar das WM-Finale erreicht.

«Das ist ein schönes Gefühl, im letzten Spiel mit einem Sieg nach Hause zu gehen. Nach dem Spiel gegen Argentinien war es zwei Tage lang nicht so einfach. Die Jungs wollten unbedingt das Finale spielen. Aber wir haben wieder Kraft gefunden. Ein geiles Gefühl. Wir waren ein bisschen frischer und hatten am Ende mehr Chancen. Wir haben verdient gewonnen», sagte Kroatiens Co-Trainer Ivica Olic bei MagentaTV. Zugleich glaubt der frühere Bundesligaprofi nicht an einen Rücktritt des 37 Jahre alten Superstars Modric: «Wir haben im Sommer das Final Four in der Nations League. Er will unbedingt dabei sein.»

Marokkaner hadern mit Schiedsrichter

Bei den Marokkanern richtete sich indes der Ärger gegen Schiedsrichter Abdulrahman Al-Jassim aus Katar. Vor allem der frühere Dortmunder Bundesligaprofi Achraf Hakimi war nach dem Spiel kaum zu bändigen. «Wenn man ein Spiel verliert, ist man immer enttäuscht. Meine Spieler sind sehr ehrgeizig, es war kein fehlender Respekt. Wir können nicht hinter dem Schiedsrichter herrennen, das ist nicht Marokko. Manchmal reagiert man nach einem Spiel über, das passiert», erklärte Trainer Walid Regragui und Torhüter Bono ergänzte: «Wir müssen uns jetzt wieder auf unseren Job konzentrieren und daran denken, dass es weitergeht.», Am Ende zog der Keeper ein positives WM-Fazit: «Es ist unglaublich, was da passiert ist. Für unser Land, für Afrika. Da können wir nur stolz darauf sein.» 

Bei den vorangegangenen Turnieren waren jeweils große Fußball-Nationen wie England, Brasilien oder die Niederlande am Spiel um den dritten Platz beteiligt. Für sie war dieses kleine Finale eine Enttäuschung, für Kroaten und Marokkaner dagegen ein Privileg. Beide wollten die Bronzemedaille unbedingt und legten sich deshalb auch deutlich mehr ins Zeug als noch bei ihrem vergleichsweise unansehnlichen 0:0 zu Beginn der Vorrunde.

Früher Führung folgt schneller Ausgleich

Das frühe 1:0 entsprang einer kreativen kroatischen Freistoßvariante, bei der Lovro Majer den Ball nach außen hob, wo ihn der frühere Bundesliga-Profi Ivan Perisic (Dortmund, Wolfsburg, FC Bayern) mit dem Hinterkopf vor das Tor verlängerte. Dort wuchtete ihn per Kopf der erst 20 Jahre alte Gvardiol ins Tor, der nach der 0:3-Halbfinal-Niederlage gegen Argentinien noch in Tränen aufgelöst war.

Wegen einer verunglückten Abwehraktion von Majer fiel nur zwei Minuten später das 1:1 – auch der 23-jährige Dari traf per Kopf nach einem Freistoß. Die besseren Chancen hatten aber trotzdem weiter die Kroaten.

Bei einem Schuss des starken Orsic stand nur noch der eigene Stürmerkollege Andrej Kramaric im Weg (18.). Nach einem abgewehrten Schuss von Modric patschte Marokkos Torwart Bono den Ball auf dem Boden liegend aus der Gefahrenzone (24.).

Afrikas erstes Team in einem solchen kleinen Finale hielt danach mehr dagegen. Kroatiens Führung kurz vor der Pause war dennoch verdient und auch noch sehenswert. Der anders als die meisten Kollegen nicht im Ausland spielende Orsic (Dinamo Zagreb) schlenzte den Ball von der Strafraumgrenze über Torwart Bono hinweg an den Innenpfosten und ins Tor. Der 29-Jährige rechtfertigte seinen ersten Startelf-Einsatz bei diesem Turnier nachdrücklich.

Kroatien ohne Qualitätsverlust

Das war an diesem Tag der Unterschied zwischen beiden Teams: Die Kroaten veränderten ihre Formation nahezu ohne Qualitätsverlust. Den Marokkanern dagegen gingen nach vier WM-Wochen langsam die Kraft und auch immer mehr Stammspieler aus. Bayern Münchens Noussair Mazraoui fehlte genauso wie die beiden Stamm-Innenverteidiger Romain Saiss und Nayef Aguerd. Im Mittelfeld ersetzte der frühere deutsche U21-Nationalspieler Abdelhamid Sabiri den bei diesem Turnier bislang so starken Azzedine Ounahi.

In der 68. Minute musste mit Jawad El Yamiq auch noch ein vierter Abwehrspieler verletzt raus. Marokko bemühte sich weiter im zweiten Durchgang, die Kroaten wurden etwas zu passiv – aber der Substanzverlust war für das Team von Walid Regragui einfach zu groß. Die beste Chance zum Ausgleich vergab Mittelstürmer Youssef En-Nesyri, als er in der 75. Minute frei stehend an Torwart Dominik Livakovic scheiterte.

Zuvor hätte es aber auch Elfmeter für Kroatien geben können. Denn der wieder einmal weit aufgerückte Gvardiol wurde im marokkanischen Strafraum am Unterschenkel getroffen. Ein Elfmeterpfiff und ein Eingriff des Videoschiedsrichters blieben aber aus.

Sebastian Stiekel, Miriam Schmidt und Jan Mies, dpa

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